Fluglärm über Ragow/Brusendorf bei Ostwind

Artikel von Mitglied Fluglärmkommission

Fluglärm über Ragow/Brusendorf bei Ostwind

Als im April 2021 das erste Mal nach Eröffnung des BER das im Volksmund auch als „Kotzkurve“ bekannte Abflugverfahren tatsächlich geflogen wurde, spürten viele in Ragow/Brusendorf die Lärmwirkung dieses Abflugverfahrens vom BER am eigenen Leib oder besser gesagt am Ohr. Nicht der Wecker klingelte um 5:30 Uhr, sondern die ersten Flugreisenden des Tages machten sich bemerkbar und auf den Weg durch die Luft.

Wer sich fragt, wer oder was gerade in welcher Höhe wie laut war kann das auf den beiden folgenden Webseiten nachschauen. Aktuelle und bis zu vierzehn Tage zurückliegende Flugverläufe können auf der Webseite der Deutschen Flugsicherung (STANLY_Track3 (dfs.de) nachverfolgt werden. Die Lärmpegel der Messtationen bei Brusendorf und Ragow werden live und in der Rückschau auf der Webseite der Flughafengesellschaft: TraVis - Flughafen Berlin Brandenburg (topsonic.aero) veröffentlicht. 


Seit der Inbetriebnahme des BER war Ragow/Brusendorf vom Fluglärm weitgehend verschont geblieben, weil die Abflugverfahren mit den kryptischen Namen Q/R-SIDs in Richtung LULUL/ROKMU, mit einer fehlerhaften Codierung in den Bordcomputern der Luftfahrzeuge hinterlegt waren und sie deshalb nicht freigegeben wurden. Eine Airline hatte diesen Sicherheitsmangel offengelegt und sich gesträubt dieses Verfahren zu fliegen.

Außerdem hatte die Flughafengesellschaft Anfang des Jahres ein Sparprogramm aufgelegt, das die Folgen der völlig aus dem Ruder gelaufenen Baukosten und des Corona bedingten Einbruchs bei den Passagierzahlen auffangen soll. In der MAZ wurde darüber mehrfach berichtet. Die für Mittenwalde spürbare und günstige Folge war, dass im Winter nur die Nordpiste genutzt wurde, von der es ein solches Abflugverfahren über Ragow/Brusendorf, analog zu dem von der Südbahn, nicht mehr gibt. Die Nordpiste ist im Gegensatz zur Südpiste schmaler und kürzer und auch zum Terminal 5 waren die schnee- und eisfrei zu haltenden Rollwege kürzer, so dass der Winterdienst eine kleinere Fläche bearbeiten musste. Aber der Winter ist vorbei und wie jede andere Technik muss auch die Südpiste irgendwann einmal genutzt werden, damit sie funktionsfähig bleibt. 

Durch das geringe Fluggastaufkommen hat die Flughafengesellschaft zur Kosteneinsparung nicht nur entschieden, die alten Schönefelder Abfertigungsgebäude (Terminal 5) für die Passagierabfertigung nicht mehr zu nutzen, sondern auch im monatlichen Wechsel jeweils nur die Nordbahn oder die Südbahn zu betreiben. Inzwischen hat die Deutsche Flugsicherung auch den fehlerhaften Code beim Abflugverfahren in den Bordcomputern  beseitigt, so dass im April, als der Betrieb auf der Südpiste abgewickelt wurde, bei Ostwind erstmals Abflüge zwischen Ragow und Brusendorf in etwas mehr als 1.000 m bis ca. 2.000 m Höhe zu hören und sehen waren. Im Mai geht die Südbahn wieder für einen Monat außer Betrieb. Für Ragow/Brusendorf bedeutet das, dass es auch bei einer Ostwindwetterlage in zwischen 5:30 Uhr und 23:30 Uhr wieder leiser sein wird. Allerdings wird es im Juni und den folgenden geraden Monaten wieder Starts von der Südpiste geben. Kommt dann noch Ostwind dazu, wird es leider wieder laut.

Die beigefügte Darstellung der Flugbewegungen vom 10. April zeigt, dass es bei 34 von 65 Abflügen zu beachtlichen, teils erheblichen Abweichungen vom vorgeschriebenen Flugweg kam, allerdings nur östlich des festgelegten Flugweges. Die DFS GmbH erklärt dies mit der neuen Codierung der Abflugverfahren. Dabei entfiel im Programmcode der Bordcomputer der ursprünglich ca. 1.600 m vor dem Abflugende der Piste 07R definierte Punkt, an dem die erste Kurve eingeleitet werden sollte, weil es vorkam, dass an diesem Punkt die Rechtskurve unterhalb der Sicherheitsmindesthöhe von 120 m eingeleitet wurde. Um neue derartige Zwischenfälle zu vermeiden, wurden die Bordcomputer für das Einleiten der ersten Kurve auf die Mindesthöhe 120 m umprogrammiert. In der Folge verschob sich die erste Kurve bis zu 3 km in östliche Richtung an den Siedlungsriegel Eichwalde, Schulzendorf, Zeuthen, Wildau heran, weil jeder Abflug die geforderte Mindesthöhe zum Einleiten der Kurve an einem anderen Punkt über der Startbahn erreichte bzw. navigatorische Fehler gemacht wurden.

Mit der blau gestrichelten Linie ist der festgelegte Flugweg der Q/R-SIDs in Richtung LULUL und ROKMU dargestellt. Die rot bis gelb changierenden, von der Südpiste des BER ausgehenden Linien zeigen im Vergleich dazu die tatsächlich geflogenen Flugwege. Die Flugspuren mit besonders krassen Abweichungen sind mit einem roten Punkt, einem grünen Punkt und dem Kennzeichen des Abfluges markiert. Am roten Punkt betrug die Flughöhe des betreffenden Luftfahrzeugs 300 m und am grünen Punkt 600 m. 

Der mit einer roten Strich-Punkt-Linie dargestellte Kreisbogen entspricht einem Radius von 8 km um den Antennenmast auf dem Funkerberg in Königs Wusterhausen (Luftfahrthindernis BRANDENBURG 55-10). Seine Höhe ist laut Luftfahrthandbuch Deutschland mit 267 m angegeben. 

Die Einheitliche Europäischen Luftverkehrsregel 5015 (SERA Standardised European Rules of the Air) besagt, dass ein Luftfahrzeug im Umkreis um das höchste Hindernis ohne besondere Genehmigung mindestens 300 m höher sein muss als das Hindernis selbst. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer.
Es darf nicht sein, dass das Unterschreiten der Mindesthöhe über der Startbahn durch Umprogrammierung der Bordcomputer verhindert wird, aber das in der Folge zu einer Unterschreitung der Mindesthöhe an anderer Stelle führt. 

Die Lärmbelastung für Ragow/Brusendorf hat sich durch diesen neuen Mangel erst einmal nicht geändert, aber wer weiß, wie dann die Lösung dieses neuen Problems aussehen wird. 

Im Moment jedenfalls ist Ragow und Brusendorf in ungeraden Monaten und in geraden Monaten nur bei Westwind vor dieser Lärmbelastung/ -belästigung sicher.

Liebe Grüße
Ihr

Achim Lorber

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