Bei unserer Bürgermeisterin gingen in letzter Zeit immer mehr Fluglärmbeschwerden ein. Um es vorweg zu sagen, die meisten davon sind berechtigt, weil der größte Teil der Abflüge, die bei Betriebsrichtung Ost zwischen Brusendorf und Ragow sowie im weiteren Verlauf nordwestlich der Ortsteile Mittenwalde und Telz das Stadtgebiet überfliegen, die Vorgaben der Abflugverfahren nicht einhalten. Dazu kommt noch, dass im März und auch im April an überdurchschnittlich vielen Tagen der Wind aus 340° über Nord und Ost drehend bis 160° geweht hat. Bei diesen Windrichtungen - also bei Betriebsrichtung Ost – starten die Flugzeuge in Richtung Waltersdorf, um dann ihrem Abflugverfahren zu folgen.
Die Abflugverfahren werden normalerweise nach den Richtlinien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) konstruiert. Diese Richtlinien der ICAO sind im juristischen Sinne Empfehlungen, an die sich ihre Mitgliedsstaaten halten sollen. Aber mancher Freigeist im Luftfahrtgeschäft glaubt vielleicht, einer Empfehlung nicht unbedingt Folge leisten zu müssen. Denen empfehle ich, eine glühende Herdplatte nicht mit der Hand zu berühren. Vielleicht bringen sie es dann auch fertig, auf Grundlage „nur“ einer Empfehlung vernünftig zu entscheiden.
Aber es ist wie es ist. Die Abflugverfahren über Mittenwalde entsprechen nicht den Richtlinien der ICAO. Folglich können viele Piloten, die diese Abflugverfahren nutzen, die Vorgaben nicht einhalten. Damit begehen die Piloten eine Ordnungswidrigkeit gemäß Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO).
Denn die Vorschrift verlangt, den Steigflug bis zum Erreichen der Flughöhe von ca. 3000 m mit mindestens 10 % durchzuführen. Das heißt, auf einem Kilometer Flugweg muss ein Höhengewinn von mindestens 100 m erreicht werden. Kann dieser Mindestwert nicht eingehalten werden, ist ein alternatives, weniger steiles Abflugverfahren, das nicht über Mittenwalde führt, zu benutzen.
Leider mussten wir feststellen, dass ca. 60 % der Abflüge, die bei Betriebsrichtung Ost über das Stadtgebiet von Mittenwalde führen, die Vorgaben nicht einhalten konnten. Also überfliegen zurzeit bei Betriebsrichtung Ost täglich mehr als die Hälfte der ca. 75 bis 95 Abflüge das Stadtgebiet von Mittenwalde unserer Ansicht nach ordnungswidrig.
Am 24. Februar 2022 habe ich der FLK und ihren Gästen, den Vertretern des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAF), der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH und der Gemeinsamen Oberen Luftfahrtbehörde Berlin Brandenburg (LuBB) über diesen Missstand berichtet und die entsprechenden Belege vorgelegt. (https://www.ual-online.de/fund/20220224_nichteinhaltung_q_sids.pdf)
Zwei Tage danach war die Luftlagedarstellung der DFS im Internet mit fadenscheiniger Begründung wochenlang abgeschaltet. Seit Mitte April werden die Flugverläufe wieder dargestellt, allerdings sind weiterhin alle Flüge vom und zum BER davon ausgenommen. Somit stehen momentan keine verlässlichen Daten, mit denen eine Anzeige begründet werden könnte, zur Verfügung. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wir - die Bürgermeisterin, die Rechtsanwaltskanzlei Dombert und ich arbeiten daran, dass die Abflüge, welche die Vorgaben des über Mittenwalde führenden Abflugverfahrens nicht einhalten können, entsprechend der Vorschrift das dafür alternativ zur Verfügung stehende Abflugverfahren nutzen.
Für die Durchführung der Ordnungswidrigkeitsverfahren ist das BAF verantwortlich. Bislang weigert sich das BAF, entsprechende, von Mittenwalde angezeigte Verstöße anzuerkennen und zu verfolgen. Es ist daher beabsichtigt, juristisch gegen die Untätigkeit des Bundesaufsichtsamtes vorzugehen, damit das ordnungswidrige Verhalten der Piloten geahndet wird, und nur noch die Abflüge über Mittenwalde fliegen, die die Vorgaben einhalten können. Bei einem Erfolg in dieser rechtlichen Auseinandersetzung würde Mittenwalde zumindest von den bislang ordnungswidrig durchgeführten Abflügen entlastet.
Bezüglich der Bereitstellung finanzieller Mittel für diese juristische Auseinandersetzung müssen die Stadtverordneten noch beraten und ein Votum abgeben.
Sollten Sie Beschwerden zum Thema Fluglärm haben, können und sollten Sie sich an den Lärmschutzbeauftragten für den BER wenden:
Patrick Strogies
Telefon: 030 / 6341 07 920
Ihr Achim Lorber
Vertreter der Stadt Mittenwalde in der FLK